Biografie Guido Martini (1881 – 1964)

 

Kindheit

Guido Martini wurde am 27. Juli 1881 in Piano di Vallarsa, einem kleinen Ort in der Nähe von Rovereto, in der heutigen Provinz Trentino-Südtirol, geboren. Seine Mutter Maria, eine geb. Stoffella, geboren am 6. Februar 1852 in Piano, galt als gläubige, fromme Frau. Sein Vater Baltassare, geboren am 9. Oktober 1842 in Piano, war von Beruf Tiefbaumeister. Guido hatte vier Geschwister: Enrico, Gisela, Aldina und Lucia.

Vater Baltassare Martini
Vater Baltassare Martini

Guido verbrachte seine Kindheit in Piano. Von 1887 bis 1895 besuchte er die Grundschule in Parrocchia di Vallarsa. Seine Freizeit widmete er der Natur und den Bergen. Er studierte die Vögel und Pflanzen und leistete sich so manchen Schuljungenstreich.

Parroccia di Vallarsa. Gemälde von Josef Altheimer (1860 - 1913)
Parroccia di Vallarsa. Gemälde von Josef Altheimer (1860 - 1913)

Jugend und Lehrjahre

1896 übersiedelte die Familie nach Bregenz in Vorarlberg. Vater Baltassare hatte eine Dauer-stellung als Flussbaumeister bei der Kanalisierung des Rheins gefunden. Dort lernte Martini die deutsche Sprache. Vom 11. Januar bis 28. August 1897 besuchte er die Volksschule in Höchst in Vorarlberg. Ab 1. November 1897 fand Martini eine Anstellung als Lehrling und Gehilfe bei dem bekannten Bildhauer und Architekten Fidelis Rudhart in Altenstadt, einem Ortsteil von Feldkirch in Vorarlberg. Er lernte dreieinhalb Jahre bei Rudhart bis 25.Mai 1901.

 

Aus seiner Lehrzeit ist eine alte Aufnahme erhalten geblieben, die einen lehrenden Christus in Ton in Form einer Gewandstudie zeigt.

Lehrender Christus in Ton, 3. Lehrjahr
Lehrender Christus in Ton, 3. Lehrjahr

Als Gesellenstück fertigte Martini ein etwa 70 cm großes Kruzifix, das glücklicherweise in Privatbesitz erhalten geblieben ist. Im Laufe der Nachforschungen zeigte sich, dass dieses Kruzifix in etwas veränderter Form als Vorlage für den Christus am Hochaltar der Pfarrkirche St. Jodokus in Schmerikon in der Schweiz gedient haben dürfte.

 

In der Zeit als Lehrling bei Fidelis Rudhart machte Martini die Bekanntschaft mit dessen Stiefsohn Hubert Netzer, Bildhauer und späterer Akademieprofessor in München, der seine Begabung erkannte und förderte. 1900 lud Hubert Netzer Guido Martini zu sich nach München ein. Netzer, damals einer der besten Bildhauer in München, war Profanbildhauer. Martini aber liebte die religiöse Kunst, so dass er das Angebot einer Anstellung von Netzer ausschlug und stattdessen eine Stelle bei Thomas Buscher, einem Bildhauer für kirchliche Kunst, annahm.

 

Nachdem sich Martini im Juni 1905 selbständig gemacht hatte, führte er diverse Aufträge für verschiedene Auftraggeber aus. Dazu sind überliefert:

  • Anfertigung von Statuen für den Altar der Bischofskapelle im Dom zu Feldkirch (1905)
  • Ausführung der Statuen zu den Altären in Schmerikon für den Altarbauer Holenstein in Wil SG und die
  • Ausführung von bedeutenden Aufträgen zu den Altären in Schmerikon und Brugg (1906)

Ab 1906 beschäftigte Martini seinen Freund Anton Blank, geboren am 17. Januar 1884 in Langenenslingen in Baden-Württemberg, in seiner Werkstatt. 

Regensburger Zeit

Bereits in seiner Münchner Zeit lernte Martini den bekannten Regensburger Bildhauer Georg Schreiner kennen. Im Herbst 1906 nahm Martini wieder Kontakt zu Georg Schreiner auf und bewarb sich um eine Anstellung in seinem Atelier in Regensburg als Vorarbeiter. Schreiner beschäftigte damals sieben Bildhauer. Nach längeren Verhandlungen ging Martini Anfang Mai 1907 nach Regensburg und übernahm die Leitung des Schreinerschen Ateliers.

 

Georg Schreiner hatte zu seiner Zeit einen guten und überregionalen Ruf. Seine Spezialität waren die damals beliebten neogotischen Altäre, die noch heute in einigen Kirchen anzutreffen sind. Sogar einen Auftrag von Kaiser Wilhelm II. konnte Schreiner verbuchen: die Schaffung eines reichgeschnitzten dreiteiligen Aufsatzes für den Altar in der kaiserlichen Kirche in Kadinen im damaligen Westpreussen (heutige Woiwoidschaft Ermland-Masuren in Polen).

 

In Regensburg machte Guido Martini bald die Bekanntschaft von Barbara Schiffer. Diese war aus Raeren (heute in Belgien) nach Regensburg gekommen, um ihrem Bruder Wilhelm Schiffer, der ebenfalls als Bildhauer bei Georg Schreiner beschäftigt war, den Haushalt zu führen.

Guido mit Ehefrau Barbara
Guido mit Ehefrau Barbara

Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Regina, geboren am 10. November 1912, Guido jun., geboren am 21. Oktober 1914, Alfred, geboren am 16. Juli 1922 und Rita, geboren am 14. Januar 1930.

Guido Martini wohnte Zeit seines Lebens in der Sternbergstr. 28.

Wohnhaus in Regensburg
Wohnhaus in Regensburg

Seine Heimatpfarrei war St. Anton, für deren Pfarrkirche er einen Großteil der figürlichen Ausstattung schnitzte. Dort befindet sich auch eines seiner bekanntesten Werke, eine Statue des großen Volksheiligen Antonius von Padua.

 

1924 ging Georg Schreiner nach München. Guido Martini blieb nach reiflichen Überlegungen in Regensburg und machte sich selbstständig. Sein Atelier richtete er in der Richard-Wagner-Straße 16 ein.

 

Von der „Regierung der Oberpfalz und von Regensburg“ wurde Guido Martini am 11. September 1931 die Einbürgerungsurkunde verliehen. Guido Martini ist damit Deutscher geworden. Am 1.1.1934 wurde Martini von der Reichskulturkammer in den Fachverband „Bund Deutscher Bildhauer e. V.“ aufgenommen.

1934 trat sein Sohn Guido jun. in den Jesuitenorden ein und ging 1937 als Missionar nach Indien in die Poona Mission (heute Puna).

Zeit des Nationalsozialismus
Guido Martini war von 1937 bis 1945 passives Mitglied der NSDAP. In dieser Zeit stellte er mehrfach Werke bei der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ im damaligen Haus der Deutschen Kunst zu München aus. 1942: „Heldengestalt“, 1943 „Kämpfer“, 1944 „Einer vom Reichsarbeitsdienst“.

Am 30. März 1944 fiel sein Sohn Alfred in Italien in Vallerotonda, ca. 20 km nordöstlich von Monte Cassino, ein äußert schmerzlicher Verlust für Vater Guido. Nach dem zweiten Weltkrieg erhielt Martini am 1. Oktober 1945 von der Stadt Regensburg die Zulassung für seinen Gewerbebetrieb.

Nachkriegszeit
Der „Berufsverband Bildender Künstler Regensburg“ nahm Guido Martini im Juli 1946 auf seinen Antrag hin als Mitglied unter dem Beruf Bildhauer auf.
1947 verabschiedete sich Sohn Guido jun. zum zweiten Mal nach Indien. Martini schenkte seinem Sohn ein Missionarskreuz aus Nussbaum, das er 1954 bei seiner endgültigen Rückkehr aus Indien wieder mitbrachte.

Martini reiste gerne nach Italien. Zum einen mehrfach nach Rom wie im Jahre 1926, als er auf einer Wallfahrt den Hl. Vater besuchte. 1937 begleitete er seinen Sohn Guido jun. nach Rom, der danach von Neapel aus nach Indien weiterreiste. 1941 und 1942 führten ihn Studienzwecke in die ewige Stadt. Zum anderen besuchte er gerne seinen Heimatort Piano di Vallarsa, wie auch im Sommer 1953. In diesem Sommer wurde eine Statue von ihm, eine Maria Auxiliaris, in der kleinen Kapelle von Piano geweiht.

Etwa 1953 nahm Martini den 20-jährigen Max Reiger (1933 – 2002) unter seine Fittiche. Martini wurde sein Förderer und Mentor. Von Max Reiger sind in Regensburg und Umgebung einige Werke bekannt. 1957 machte sich Reiger in der Konradsiedlung selbstständig.

 

Der 80. Geburtstag Martinis am 27. Juli 1961 wurde groß gefeiert. Oberbürgermeister Rudolf Schlichtinger (1915 – 1994) überbrachte die Glückwünsche der Stadt Regensburg und überreichte dem Jubilar einen Nelkenstrauß in den Farben der Stadt und einen Zinnteller. Von seinem Sohn Guido jun. bekam er den Bildband „Bildwerke christlicher Kunst“ überreicht, in dem Martinis Leben und seine Werke ausgiebig gewürdigt werden.
Am 17. August 1963 wurde Guido Martini in Anerkennung seiner Verdienste um die neuere christliche Kunst das Verdienstkreuz am Bande durch Bürgermeister Hans Weber (1912 – 2003) im Auftrag des Bundespräsidenten Dr. Heinrich Lübke verliehen.

1964 schnitzte Martini sein letztes großes Werk: eine überlebensgroße Kreuzigungsgruppe für die Pfarrkirche St. Laurentius in Eschenbach in der Oberpfalz. Guido Martini verstarb am 26. September 1964 im Alter von 83 Jahren. Er wurde am 29. September am Unteren Katholischen Friedhof in Regensburg beigesetzt. Das Grabkreuz gestaltete sein Sohn Guido jun.

Der Auferstandene. Von Guido Martini jun.
Der Auferstandene. Von Guido Martini jun.